Torhüter Ralf Fährmann im Gespräch: Mein schlimmstes Schalker-Erlebnis
In einem exklusiven Interview spricht der langjährige Torhüter des FC Schalke 04, Ralf Fährmann, über seine Zeit bei dem traditionsreichen Verein. Der 32-Jährige erzählt von seinen Höhen und Tiefen in Gelsenkirchen und gibt Einblicke in seine persönlichen Erfahrungen. Eines seiner schlimmsten Erlebnisse als Schalker teilt er in diesem Gespräch mit uns. Wie es kam, dass Fährmanns Zeit bei Schalke 04 so turbulent verlief, und was ihn dabei am meisten traf, lesen Sie in unserem exklusiven Bericht.
Torhüter Ralf Fährmann im Gespräch: Mein schlimmstes Schalkerlebnis
Er ist Schalkes letzter großer Name. Ralf Fährmann (36), der in 16 Champions-League-Spielen für S04 im Tor stand, erlebt momentan seine letzten Monate in Gelsenkirchen. Sein Vertrag läuft nach dieser Saison aus, mit den Profis darf er schon jetzt nicht mehr mittrainieren. Stattdessen in der U23, für das Nachwuchsteam absolviert er allerdings keine Pflichtspiele.
Das SPORT BILD-Interview
★★★SPORT BILD: Herr Fährmann, können Sie sich noch an Ihren ersten Tag auf Schalke erinnern?
Ralf Fährmann (36): Das genaue Datum weiß ich natürlich nicht mehr. Nur noch, dass es im Jahr 2003 war. Meine Mutter brachte mich ins Internat und fuhr sofort wieder zurück nach Chemnitz, weil sie wieder arbeiten musste. Sie hat viele Kilometer an dem Tag abgerissen. Als sie fuhr, wusste ich, dass ich ab jetzt auf mich allein gestellt bin. Ich war damals 14 Jahre alt.
Wie ist es Ihnen damit ergangen?
Für mich war alles neu. Schalke war ein anderer Planet. Die Arena war das erste große Stadion, das ich je gesehen habe. Meine Familie fehlte mir. Anfangs wurden das eine oder andere Mal ein paar Tränchen verdrückt.
Die Anfänge
Haben Sie damals überhaupt schon an Profifußball gedacht?
Nein, gar nicht. Die festen Strukturen mit Internat, Schule, Training und Essen haben mir Halt gegeben, ansonsten wäre ich völlig überfordert gewesen. Ich war ja im Grunde noch ein Kind. Ich habe damals nicht daran gedacht, Profi werden zu können.
Ab wann keimte dann langsam Hoffnung auf?
Mit 17 Jahren habe ich erstmals bei den Profis trainiert, weil sich zwei Torhüter verletzt hatten. Aber der Stammtorwart Frank Rost war meilenweit von mir entfernt. Sprungkraft, Fangsicherheit – der war in allen Bereichen besser. Deshalb kam bei mir keine Euphorie auf. Dennoch saß ich mit 17 Jahren auch das erste Mal bei einem Profispiel auf der Bank. Ich weiß noch, wie ich hoffte, dass ich nicht eingewechselt werde.
Frank Rost
Hat sich Frank Rost denn wenigstens ein bisschen um Sie gekümmert?
Frank war aus der Kategorie „alte Schule“. Aber er hat mir Handschuhe in meiner Größe besorgt. Ich hatte so große Hände, dass mir keine von der Stange passten. Ich durfte die Handschuhe bei ihm abholen, und er sagte, dass ich ihn Fäustel nennen dürfe. Ich war so stolz auf die Dinger, dass ich sie abfotografiert und meinen Eltern geschickt habe.
Der Weg nach oben
Sie wurden dann mit Schalke Deutscher A-Jugend-Meister. Wie ging es weiter?
Mit 19 Jahren habe ich mein erstes Bundesliga-Spiel bestritten. Ausgerechnet in Dortmund. Wir machten ein Riesenspiel und führten schon 3:0. Am Ende flogen Fabian Ernst und Christian Pander vom Platz, und wir retteten ein 3:3 über die Linie. Mir zitterten vor dem Spiel in der Kabine die Hände, und ich hatte die ganze Nacht kein Auge zugemacht. Aber als es dann losging, wurde ich ruhiger. Später merkte ich: Je größer und lauter das Stadion, desto fokussierter bin ich. Das ist eine Gabe, für die ich dankbar bin.
Der Profifußball
Was hat der Profifußball mit Ihnen gemacht?
Als Profifußballer wirst du wie eine Maschine. Du hast zu funktionieren. Niemanden interessiert es, ob man sich im Abschlusstraining den Finger ausgekugelt oder sich vor dem Spiel das Knie hat spritzen lassen. Du darfst keine Schwächen zeigen. Du musst viel Unqualifiziertes ertragen. Als Torwart ist das besonders heftig, denn du bist die letzte Verteidigungslinie des Teams. Wenn du patzt, ist der Ball drin.
Das Schlimmste
Welches war Ihr schlimmstes Erlebnis auf Schalke?
Die Abstiege waren schlimm. Aber ganz ehrlich: Als Alex Nübel in Köln vom ganzen Stadion ausgepfiffen wurde, das ist mir schon sehr nahegegangen. Die Kölner Fans sangen „Nübel raus“ und die Schalker stimmten mit ein. Ich kenne Alex und mag ihn sehr. Er hat Schalke in der Saison zuvor mit Mega-Paraden vor dem Abstieg gerettet. Nach seinem Wechsel zu Bayern München wurde er zum Abschuss freigegeben. Das war schon brutal.
Der beste Mitspieler
Wer war Ihr bester Mitspieler?
Julian Draxler war unfassbar. Aber auch Lincoln. Der spielte in einer anderen Liga. Aber insgesamt ist das sehr schwer zu beantworten. Bordon, Krstajic, Asamoah, Raúl, Huntelaar, Höwedes, Jones, um nur einige zu nennen – das waren zum Teil Weltklassespieler. Wir sind nicht ohne Grund in der Champions League gelandet.
Der Abstieg
Nun spielt Schalke in der 2. Bundesliga. Sie haben in der Champions League, aber auch in Sandhausen gespielt. Was hat das mit Ihnen gemacht?
Das ist brutal schwer. Mit Schalke im Bernabéu zu spielen und nur ein paar Jahre später in der 2. Liga ranzumüssen, das muss man im Kopf erst mal verarbeiten. Ich habe mich oft gefragt, wie es so weit kommen konnte. Eine einfache Antwort darauf gibt es nicht. Auch die Qualität der Mitspieler ist ja, bei allem Respekt, eine völlig andere. Gerade als Torwart verändert das dein Spiel.
Die Zukunft
Warum haben Sie bei all den Schwierigkeiten Ihren Vertrag nicht im Sommer aufgelöst?
Ich habe mir alles hart erarbeitet, habe gekämpft und gelitten. Diesen Vertrag habe ich mir verdient. So einfach ist das.
Werden Sie Ihre Karriere nach dieser Saison beenden, wenn Ihr Schalke-Vertrag ausläuft?
Ich bin noch topfit und kann sicher noch auf gutem Niveau spielen. Sollte es eine interessante Aufgabe sein, werde ich weitermachen.
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